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Bedingungslose Eigenverantwortung

Vielleicht fragen Sie sich, was denn militärische Kommandoerfahrung mit moderner Führungskultur in Unternehmen zu tun hat. Es gibt interessante Parallelen, so zum Beispiel bei der Fehlerkultur. Denn mit Extreme Ownership, frei übersetzt „bedingungslose Verantwortung“, geht es darum als Führungskraft sowohl gegenüber dem Management als auch gegenüber seinen Mitarbeitern offen mit eigenen Fehlern umzugehen. Mehr noch: sie sollten offensiv kommuniziert werden, um daraus die notwendigen Schlüsse für Veränderungen ziehen zu können. Das verlangt zugegebenermaßen den Führungskräften hinsichtlich ihres Egos einiges ab. Nach alter Schule sind doch einige immer noch darauf bedacht, Führungskompetenz durch vermeintliche Perfektion und vorgegebenes Allwissen unter Beweis zu stellen. Warum also der Schwenk in die andere Richtung — und das ausgerechnet vom Militär als Vorbild?

Teamerfahrungen in Extremlagen

Jocko Willink und Leif Babin waren mehrere Jahre Kommandoführer beim US-Navy-Eliteteam SEALS. In ihren Kampfeinsätzen, beispielsweise im Irak, machten sie in Extremsituationen überlebenswichtige Erfahrungen mit ihren Teams. Diese gaben sie später als Ausbildungsoffiziere weiter.

„In jedem Team und in jeder Organisation liegt die Verantwortung für jeden Erfolg und jeden Misserfolg beim Führenden.“ Jocko Willink

Nach ihrer Militärzeit stellten sie fest, dass viele ihre Erfahrungen sich auch auf Unternehmen übertragen lassen. So entstand die Idee, die Prinzipien des hierarchischen Miteianders für zivile Führungsstrukturen zu transformieren. Sie werteten die Grundregeln in Extremsituationen, in denen also Gefahr für Leib und Leben bestand, als Essenz für die Führungskultur im zivilen Alltag aus. Ihr Credo: „Bedingungslos Verantwortung für die eigenen Fehler übernehmen, aus den Misserfolgen lernen und auf dieser Grundlage neue Lösungsansätze entwickeln.“ Inzwischen leben wir diesen Anspruch übrigens auch als Personalberater bei braveheads konsequent.

Schuld haben immer die anderen

In der Army wie auch später im Wirtschaftsleben stießen die Autoren auf das Phänomen, dass viele Führungskräfte bei Misserfolgen die Schuld gerne überall suchen – nur nicht bei sich selbst. Diesen Input bekommen auch wir Executive Search Berater häufiger vermittelt, wenn wir im Rahmen von größeren Veränderungsprozessen beauftragt werden.

Die Führungskraft soll ersetzt werden, weil die Leistungen nicht stimmen. Anordnungen werden nicht befolgt oder nicht richtig umgesetzt. Mitarbeitende stellen sich quer, weil sie den Sinn der nötigen Reformen nicht erkennen oder persönliche Nachteile befürchten. Hinzu kommen Zweifel, warum bislang vermeintlich funktionierende Prozesse verändert werden sollen.

Wenn wir als Headhunter beauftragt werden für Ersatz zu sorgen, ist es für die betroffene Führungskraft im Unternehmen schon zu spät. Aus unserer Sicht hat sie nach einer Kündigung in der Rückbetrachtung zwei Möglichkeiten: Die Ursachen bei den anderen suchen oder sich selbst sehr kritisch zu fragen, was schiefgelaufen ist. Was hätte sie besser machen können? Sich selbst eingestehen, dass im eigenen Führungsverhalten möglicherweise falsch gelaufen ist heißt auch dem Ego die gelbe Karte zeigen. So das Fazit der beiden Ex-Offiziere.

Ihre Analyse bei ihren Mandanten zeigt, dass in den meisten Fällen gescheiterten Projekten von der Führungsebene zu wenig oder unklare Informationen ans Team gegeben werden. Dem fehlt in der Folge das Grundverständnis für angekündigte Maßnahmen mit fatalen Folgen. Es kommt zu falschen Entscheidungen oder Pläne werden schlichtweg missachtet. So kommt eine gefährliche Abwärtsspirale in Gang. Sie führt zu einem negativen Klima gegenseitiger Beschuldigungen, Ausflüchten und mangelnder Verantwortung. Notwendige Anpassungen unterbleiben.

Bescheidenheit, Courage und Demut

In einer solchen Lage sollte das Prinzip Extreme Ownership ganz besonders ernst genommen werden. Das heißt also zunächst bei sich zu schauen, die bedingungslos Verantwortung zu übernehmen und die richtigen Schlüsse hieraus zu ziehen. Eine solche Grundhaltung strahlt auf das gesamte Team aus. Genauso machen wir es auch bei braveheads. Wenn einer unserer Personalberater-Kollegen eine kritische Situation erlebt, teilen wir diese Erfahrung und ziehen daraus gemeinsam die Schlüsse, dass keinem von uns dieser Fehler noch einmal passieren kann. Im Übrigen beleuchten wir diese Grundhaltung auch bei den von uns vermittelten Bewerbern. Denn sie werden die Führungskultur unserer Mandanten zukünftig mitprägen.

Verantwortung für das eigene Handeln und das Handeln des Teams zu übernehmen, erfordert von Vorgesetzten Bescheidenheit, Courage und Demut. Ganz ehrlich: Aus unserer Erfahrung nicht unbedingt Eigenschaften, die man im Top-Management weit verbreitet vorfindet. Aber, es wird an diesen Themen gearbeitet. Denn mit dieser Grundhaltung können Manager mit ihren Teams bessere Leistungen kreieren und Missionen zum Gelingen führen.

Liste zum Erfolg

Die Empfehlung der beiden ehemaligen Navy Seals: Jede Anweisung und Projekt-Checkliste sollte diesen Punkt enthalten: “Verständliche Erklärung an alle Projektbeteiligten, was das Projekt eigentlich bewirken soll. Was ist das hinter dem Projekt liegende Ziel? Was ist die Absicht des Projekts?” Und diese Erklärung muss für jeden Projektbeteiligten verständlich kommuniziert werden. Und dann folgt der nächste, wichtige Punkt: die Rückfrage an alle Beteiligten, ob sie das wirklich verstanden haben und ob ihnen zur Durchführung noch irgendetwas fehlt. In dem Fall sollten frühzeitig Trainings- und Schulungsmaßnahmen angeboten werden, damit die Beteiligten ihre Aufgaben auch erfüllen können. Die Liste sollte auch alle notwendigen Ressourcen zum Erreichen des Ziels beinhalten.

Wenn dann im Laufe des Projekts spürbar wird, das einzelne Teammitglieder diesen Weg nicht mitgehen wollen oder können, bleibt nur eins: sie aus dem Projektteam entfernen. Dann ist zu prüfen, ob sie nicht wollen oder können. Hieraus folgt bekanntlich Fördern oder Sanktionieren. In jedem Fall müssen die verantwortlichen Führungskräfte eng in ein Projekt involviert bleiben und konsequent alle Entscheidungen so treffen, dass die Mission ein Erfolg werden kann. Mit voller Verantwortung und allen Konsequenzen. Extreme Ownership eben. Und da unser Alltag immer mehr von Projekten geprägt ist, gilt diese Haltung einer wahren Führungskraft zu jeder Zeit.

Ihr braveheads-Team

Quelle: Jocko Willink und Leif Babin: Extreme Ownership, Redline Verlag

*aus sprachlichen Gründen benutzen wir das generische Maskulinum, gemeint sind alle Geschlechter (m,w,d)