Können Sie spontan die Frage beantworten, nach welchen Werten Sie leben und entscheiden? Die meisten müssen bei der Frage erst einmal intensiv in sich gehen und überlegen. Das stellen wir Personalberater auch häufig bei unserer entsprechenden Frage in unseren Interviews fest. Viele Führungskräfte haben das Thema für sich nicht klar. Dabei sind Werte zu einem stabilen Kompass in unserer dynamischen Zeit geworden. Unser Werteempfinden begleitet uns in unterschiedlichen Lebensbereichen und so haben wir häufig unterschiedliche Wertesysteme, nach denen wir bewusst oder unbewusst im Alltag entscheiden und handeln.
Bewusst werden uns unsere Werte häufig erst dann, wenn verschiedene Systemwelten aufeinandertreffen. Karriere und Familie sind beispielsweise Bereiche, zwischen denen es gerne mal knallt. Mache ich noch Überstunden für die bestmögliche Vorbereitung des morgigen Meetings oder verbringe ich die Zeit lieber mit meinem Kind? Das ist so ein typischer Konflikt. Wichtige Wertesysteme regeln das Miteinander in Gesellschaft, Beruf, Religion oder Umwelt. Leider lassen sie sich häufig nicht oder nur schwer unter einen Hut bringen.
Werte haben in verschiedenen Lebensbereichen häufig verschiedene Prioritäten. „Harmonie“ beispielsweise. Im Familienleben erachten sie wohl die meisten Menschen als wichtig, während sie im beruflichen Kontext nicht unbedingt im Vordergrund steht. Hier geht es mehr um Durchsetzungsfähigkeit und Effizienz.
Mit einer veränderten Zielsetzung verschieben sich dann plötzlich ursprünglich einmal als wichtig erachtete Werte. Für einen wichtigen Karriereschritt beispielsweise kann „Leistung“ bis zum Erreichen des Ziels andere Werte wie sogenannte „Quality time“ mit Familie und Freunden* in den Hintergrund drängen.
Werte erschließen
Wir Personalberater von braveheads empfehlen, sich über die eigenen Werte schon Gedanken zu machen, bevor es im Alltag aufgrund von anstehenden Entscheidungen knirscht. Wir raten dazu, sich rechtzeitig über das persönliche Werte-Ranking Gedanken zu machen. Das kann schriftlich als Brainstorming erfolgen. Dafür bieten sich aber auch vorgefertigte Listen mit Werten wie Anerkennung, Familienleben, Gelassenheit, Gestaltungsmöglichkeit, Selbstständigkeit oder Vertrauen an. Eine Vielzahl solcher Listen aus unterschiedlichen Lebensbereichen finden sich dazu schnell im Internet. Anhand einer Skala von eins bis zehn lässt sich gut einstufen, wie wichtig einem die jeweiligen Werte sind, um zu einer Top-Ten-Liste zu kommen.
So wird deutlich, wie passförmig Ihr Wertesystem im privaten und beruflichen Leben tatsächlich ist. Starke Abweichungen deuten darauf hin, dass die Entfaltung gelähmt wird und Unzufriedenheit droht.
Selbstwertgefühl behaupten
Die Erfahrung zeigt: Wer häufig gegen sein persönliches Wertesystem entscheiden und handeln muss, sieht sein Selbstwertgefühl schwinden. Zufriedenheit im Job ist so nicht zu erreichen. Und die Auswirkungen strahlen selbstverständlich in den Privatbereich aus.
Die persönlichen Werte sollten daher weitgehend im Einklang mit der jeweiligen Unternehmenskultur sein. Das gilt auch für diejenigen Werte, die sich auf die interpersonelle Ebene beziehen, beispielsweise Kontakte zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden sowie innerhalb von Teams. Wem Teilhabe und empathisches Miteinander wichtig ist, wird mit Alphatieren und harten Top-Down-Managern nicht glücklich.
Sichtbar werden Wertekonflikte, sobald vor einer Entscheidung wichtige Werte unvereinbar gegenüberstehen. Häufen sich solche Situationen, reagieren Mitarbeitende negativ. Sie sind irritiert, zuweilen verärgert und verletzt. Manche ziehen sich mehr und mehr zurück, bis hin zur Kündigung.
Das ist für Führungskräfte ein Warnzeichen, auf das sie problemlösend reagieren müssen. Denn ein Dauerkonflikt dieser Art hat verheerende Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit und Kooperation der Beschäftigten.
*Aufgrund einer sprachlichen Vereinfachung benutzen wir das generische Maskulinum, gemeint sind natürlich alle Geschlechter (m, w, d).