Viele mittelständische Unternehmer und Geschäftsführer glauben immer noch, dass ihr Unternehmen ohne sie nicht überlebensfähig ist. Manche aus Angst, die Kontrolle zu verlieren, andere, weil ihr Ego die ständige Anerkennung und Machtausübung benötigt.
Das Ergebnis: ein Chef, der alles selbst entscheidet, nicht delegieren kann und damit langfristig das Wachstum und die Stabilität seines Unternehmens gefährdet. Gute Führungskräfte verlassen das Unternehmen frustriert und die Belegschaft hört auf, mitzudenken. Ein fataler Kreislauf, aus dem es nur mit gezielter Selbstreflexion und Coaching einen Ausweg gibt.
Der unersetzbare Unternehmer – ein gefährlicher Irrtum
Typische Beispiele für dieses Problem finden sich in zahlreichen mittelständischen Betrieben. Nehmen wir den familiengeführten Möbelhersteller mit rund 250 Mitarbeitern. Der Inhaber, ein Mann Mitte 60, hat das Unternehmen aufgebaut und kennt jeden Prozess, jedes Produkt und jeden Kunden. Kein Angebot verlässt das Haus ohne seine Freigabe. Erklärungen oder Verträge? Unterschreibt nur er. Personalentscheidungen? Liegen allein in seiner Hand. Ein hochkarätiger Vertriebsleiter, der frische Ideen mitbringt, hält es keine sechs Monate aus – er wird in jedem Schritt überstimmt, in Meetings nicht ernst genommen. Das Unternehmen stagniert, weil Innovationen blockiert werden und Mitarbeitende resignieren.
Ein weiteres Beispiel: Ein erfolgreicher Großhändler in der SHK-Branche, der alles selbst steuern „muss“. Er kontrolliert jede Marketingkampagne, jede Lagerbestellung und mischt sich sogar in die Routenplanung der Logistik ein. Seine Führungskräfte sind demotiviert, da sie nur als Befehlsempfänger agieren dürfen. Hochqualifizierte Manager mit eigenen, das Unternehmen weiterführenden Visionen, verlassen das Unternehmen, weil sie keinen Gestaltungsspielraum haben. Wenn er nun krankheitsbedingt zwei Wochen ausfällt, bricht das Chaos aus: Rechnungen bleiben liegen, Entscheidungen werden nicht getroffen, die Kundenbeziehung leidet. Ein Alarmsignal gab es bereits – doch er zieht nicht die richtigen Schlüsse hieraus. Bei all seinen unverkennbaren Stärken ist er auf dem Auge blind.
Die gefährlichen Folgen des Mikromanagements
Solche Geschäftsführer verhindern bewusst oder unbewusst, dass ihr Unternehmen eigenständig läuft. Doch die Konsequenzen sind gravierend:
- Stillstand bei Ausfall: Fällt der Chef aus, bricht die Entscheidungsstruktur zusammen. Es gibt keine Stellvertreter, die wirklich Verantwortung tragen können.
- Demotivation der Führungskräfte: Gute Manager, die gestalten wollen, verlassen das Unternehmen – übrig bleiben Mitläufer.
- Mitarbeiter denken nicht mit: Wer nie eigene Entscheidungen treffen darf, verlernt es. Die Belegschaft folgt nur noch Anweisungen, Eigeninitiative stirbt.
- Wachstumsbremse: Ohne Delegation ist Skalierung unmöglich. Jedes Wachstum bedeutet noch mehr Arbeit für den Chef – bis nichts mehr geht.
- Fehlende Nachfolgeplanung: Ein Unternehmen, das auf eine Person zugeschnitten ist, wird schwer übertragbar. Wer investiert schon in eine Firma, die nur mit einem einzigen Menschen funktioniert?
Lösungsansätze: Führung neu denken
Der einzige Weg aus dieser Sackgasse führt über Persönlichkeitsentwicklung und Coaching. Warum? Weil es nicht um neue Prozesse oder Systeme geht – sondern um eine innere Transformation der Führungskraft.
- Erkennen und Loslassen lernen: Ein Coaching kann helfen, die eigenen Ängste und unbewussten Muster zu erkennen. Warum fällt es schwer, Verantwortung abzugeben? Welche Glaubenssätze stehen dahinter?
- Delegation als Führungsstärke verstehen: Verantwortung zu übertragen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Größe. Wer Vertrauen gibt, bekommt Leistung zurück.
- Eine Kultur des Vertrauens aufbauen: Mitarbeiter müssen Schritt für Schritt ermutigt und befähigt werden, eigene Entscheidungen zu treffen – und auch Fehler machen zu dürfen.
- Führungsteams stärken: Ein starkes Managementteam mit klaren Verantwortlichkeiten entlastet die Geschäftsführung und macht das Unternehmen zukunftssicher.
- Nachfolge aktiv vorbereiten: Ein Unternehmen darf nie an einer einzigen Person hängen. Eine langfristige Übergangsstrategie, die die Verantwortung auf breitere Schultern verteilt, ist für die Zukunft des Unternehmens essenziell.
Fazit: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.
Wer als Unternehmer glaubt, alles selbst entscheiden zu müssen, macht sich und sein Unternehmen langfristig kaputt. Die wahren Erfolgsfaktoren sind Vertrauen, Delegation und eine klare Führungsstruktur. Ein Coaching-Prozess kann helfen, die eigenen Ängste zu hinterfragen und eine neue, wirksame Führungshaltung zu entwickeln. Denn nur wer loslässt, gibt seinem Unternehmen die Chance, unabhängig und stark in die Zukunft zu gehen.
Frank Goerlich
CEO braveheads Führungsköpfe